Logo der Apotheken Umschau

Von Dekolleté bis Wade: Wenn es um die beste Sensor-Tragestelle geht, sind Nutzer von Zucker­messsystemen experimentierfreudig. Das zeigen Berichte in sozialen Medien und Diabetes-Blogs. Verschiedene Systeme sind auf dem Markt: CGM (Continuous Glucose Monitoring) und FGM (Flash Glucose Monitoring). Bei beiden misst ein kurzer Sensorfaden ständig den Zuckergehalt im Unterhautfettgewebe. Je nach System setzt man sich alle sechs bis 14 Tage einen neuen Sensor. Theo­retisch geht das überall, wo die Haut gepolstert ist. Laut Hersteller dürfen FGM-Sensoren nur an der Rückseite des Oberarms platziert werden. CGM-Sensoren am Bauch, manche auch am oberen Po, unteren Rücken oder Oberarm. Dort haben die Hersteller die Messgenauigkeit überprüft.

Senor misst nicht überall genau

Als genau genug, um die Blut­zuckermessung weitestgehend zu ersetzen, gelten Systeme, deren Ergebnisse im Mittel weniger als zehn Prozent von den Labor-Blutzuckerwerten abweichen. "In den Zulassungsstudien ist das bei allen neuen Sensoren der Fall. Im Alltag kann die Abweichung aber höher sein — bis 15 Prozent sind noch in Ordnung, größere Abweichungen können problematisch sein", sagt Diabetologe Dr. Bernhard Gehr von der Fachklinik Bad Heilbrunn, Autor der "CGM- und Insulinpumpenfibel".

In kleinen Studien wurde die Messgenauigkeit an nicht zugelassenen Stellen geprüft. In einer belgischen Studie trugen 23 Menschen mit Typ-1-Diabetes zwei Wochen lang drei FGM-Sensoren gleichzeitig: je einen am Oberarm, Bauch und Oberschenkel. Arm und Schenkel erzielten mit einer mittleren Abweichung von circa zwölf Prozent vom Blutzuckerwert akzeptable Ergebnisse. Die Abweichung am Bauch war mit circa 19 Prozent deutlich höher. Wer den FGM-Sensor nicht am Arm tragen möchte, kann demnach zum Oberschenkel wechseln. Vom Bauch raten die Studienautoren ab.

CGM und FGM - so funktioniert's:

Wie CGM-Sensoren abschneiden, hat eine US-Studie untersucht: 88 Menschen mit Diabetes (Typ 1 und Typ 2) trugen eine Woche lang zwei Sensoren am Bauch und einen am Oberarm. An allen Stellen lag die mittlere Abweichung vom Labor-Blutzucker unter zehn Prozent. Zumindest für den in der Studie getesteten CGM-Sensor eignet sich demnach auch der Oberarm als Tragestelle.

"Die Studien sind zu klein, um daraus allgemeine Empfehlungen abzuleiten", sagt Gehr. Seiner Erfahrung nach messen FGM-Sensoren bei manchen Patienten am Bauch sogar genauer als am Oberarm. CGM-Systeme lassen sich vom Nutzer durch Blutzuckermessungen individuell kalibrieren. Das gleicht Unterschiede zwischen den an verschiedenen Stellen gemessenen Werten und den Blutzuckerwerten zum Teil aus. Doch ob und wo der Sensor genau misst, hängt auch vom Anwender ab.

Auf eigene Gefahr

Weichen die an zugelassenen Stellen gemessenen Werte zu stark ab, rät Gehr nach ausführlicher Aufklärung dazu, andere Stellen zu probieren. Dabei ist es anfangs unverzichtbar, mehrmals täglich den Blutzucker zu messen und das Ergebnis mit dem gleichzeitig vom CGM- oder FGM-System angezeigten Wert zu vergleichen. Nur so lässt sich abschätzen, wie gut die Werte übereinstimmen. Misst der Sensor nicht zuverlässig, kann der Blut­zucker unbemerkt entgleisen. "Wer den Sensor an nicht erlaubte Stellen legt, tut dies auf eigenes Risiko. Man bekommt ihn nicht kostenlos ersetzt, wenn er ungenau misst oder abfällt", sagt die Münchener Diabetologin Dr. Silvia Zschau. Dr. Guido Freckmann vom Institut für Diabetes-Technologie in Ulm rät wegen des Risikos von möglichen Mess­abweichungen davon ab, nicht zugelassene Stellen zu nutzen.

Lieblingsstellen gefunden

Viele Nutzer tun es dennoch. Die drei jungen Typ-1-Diabetes-Blogger auf den Fotos oben haben so ihre persönlichen Lieblingsstellen gefunden. Dazu gehört bei Saskia K. (links) die Oberseite des Oberschenkels. "Dort reiße ich mir den Sensor nicht raus, weil ich irgendwo hängen bleibe", sagt die Krankenpflegerin. Unter weiten Kleidern trägt auch Stephanie H. (Mitte) ihren CGM-Sensor gerne am Oberschenkel. "Ansonsten oft am Arm", sagt die Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation. Jackson S. (rechts) schwört auf die Hüfte. "Auch, weil ich mich da nicht rasieren muss, um den Sensor zu fixieren", sagt der Surfer, der im digitalen Marketing arbeitet.

Damit der Sensor gut hält, bringt man ihn an einer wenig behaarten Stelle an und zum Beispiel nicht über kräftigen Muskeln. Auch Stellen, auf denen man liegt, eignen sich nicht. Durch den Druck auf das Gewebe misst der Sensor nicht richtig. Im Zweifel: Bitte den Arzt fragen und ausprobieren!