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Was sagt der Inhalt meines Einkaufwagens über mich aus? Diese Frage geht mir durch den Kopf, während ich im Supermarkt die Einkäufe aufs Kassenband packe. So wie die Verkäuferin guckt, betreibt die sicher ihre Studien darüber.

Was bin ich wohl für eine Kundin in ihren Augen? Kategorie Grünzeugfanatikerin mit schlechten Cholesterin-Werten? Oder Diätverfechterin, die heimlich Käse und Wurst nascht, ganz nach dem Motto: "Wasser predigen und Wein trinken?" Und wie passen die monströse Eis-Packung und das Glas Cornichons in dieses Bild? An mir wird sich die Verkäuferin die Zähne ausbeißen! So unergründlich wie ich für die Dame am Band bin, so undurchschaubar erscheint mir momentan das Diabetesmonster.

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Seit gut einer Woche haben wir einen "Hänger". Nichts geht mehr. Konstantins Blutzucker schwankt enorm. Wie beim Pingpong geht es hin und her, hoch und runter. Verlässliche Senker wie Inlineskaten und Schule wirken nicht. Korrekturen abends oder nachts verlaufen im Sande. Und geht mein Sohn mit Zielwert ins Bett, wacht er morgens mit hohem Blutzucker auf. Seine Kurve sieht aus wie eine Aktie, die durch die Decke geht. Ist es das Dawn-Phänomen? Ist es ein Wachstumsschub? Liegt es am Essen? Oder ist es eine Kombination aus mehreren Faktoren?

Der Faktor "Ernährung" beschäftigt mich am meisten. Als sich der Diabetes bei Konstantin im vergangenen Sommer manifestierte, sagte man uns in der Klinik, dass wir nicht allzu viel am Essverhalten herumschrauben sollen. Der Einschnitt sei zu groß. Daran haben wir uns bislang gehalten. Ich habe aber das ungute Gefühl, wir stoßen damit langsam an unsere Grenzen. Entweder wir müssen in Zukunft auf diverse Leckereien verzichten oder wir brauchen eine andere Diabetes-Therapie.

Der Grund: Die Remission scheint sich dem Ende zu nähern. Haben bisher die letzten überlebenden insulinproduzierenden Zellen ernährungstechnische Fauxpas ausgebügelt, sind sie nun endgültig in den Streik getreten. Anders lässt sich kaum erklären, warum bewährte Mittel und Methoden nichts mehr bringen.

Ein Beispiel: Mein Sohn liebt Ofenkäse. In der Diabetes-Schulung haben wir gelernt, dass Käse keine Kohlenhydrate enthält und deshalb nicht gespritzt werden muss. Also berechnen wir nur das Insulin für das Baguette, das dazu gegessen wird. Wobei wir festgestellt haben, dass man die Dosierung niedriger ansetzen sollte, weil das Brot durch das Fett im Käse erst später "kommt". Soweit die Theorie, und die ist kompliziert genug. In der Praxis klappte das in den vergangenen Monaten wunderbar. Späteres Nachspritzen war nicht notwendig. Vermutlich dank der zehn Prozent der noch funktionierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse.

Diabetes-Profis werden jetzt schreien: "Den Käse musst du sehr wohl spritzen! Der hat doch FPEs!" Fett-Protein-Einheiten. Auch wenn wir diesbezüglich nicht geschult wurden, weiß ich, dass ab 100 Kalorien Fett oder Eiweiß eine FPE anfällt. Bei einem halben Ofenkäse sind das ungefähr zwei FPEs. Das heißt, Konstantin müsste nach dem Verzehr seines heiß geliebten Milcherzeugnisses über vier Stunden verteilt Insulin spritzen, in kleinen Häppchen. Mit einer Pumpe, bei der man einen Dualbolus einstellen kann, oder die einen verzögerten Bolus abgibt, kein Problem. Mit einem Pen, wie ihn Konstantin nutzt, fällt das leider flach. Das ist genau die Grenze, die ich meine.

So funktioniert die Berechnung:

Fleisch

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Vernünftigerweise und mit Blick auf eine gesunde Ernährung müsste man den Käse von der Einkaufsliste streichen. Weil mein Sohnemann aber ein Genießer durch und durch ist, werde ich den Teufel tun. Damit würde ich jegliche Motivation für eine gelungene Therapie im Keim ersticken. Auf gar keinen Fall wollen wir Konstantin noch weiter einschränken.

Außerdem war der Käse nur ein Beispiel. Blutzuckertechnisch genauso fies in Sachen FPEs: Gegrilltes! Wenn es in den Sommermonaten in sämtlichen Nachbargärten duftet, sollen wir uns und Konstantin dann foltern, indem wir auf Barbecue verzichten? Natürlich steht Völlerei nicht auf der Tagesordnung und zwischendurch gibt es viel Grünes, siehe Kassenband. Aber allein die Widrigkeiten bei solchen "besonderen" Anlässen stören Konstantin sehr, weil sie seine sonst so guten Werte durcheinanderwirbeln.

Die Zeit ist reif für eine Pumpe. Konstantin hat sich bisher strikt dagegen ausgesprochen. Nachdem ich nun die FPEs ins Spiel bringen musste, weil die letzten insulinproduzierenden Inselzellen sich anscheinend auf eine ganz weit entfernte Insel verkrümelt haben, und häufiges Korrekturspritzen die Frequenz der Injektionen erheblich erhöht hat, hat mein Liebling seine Meinung geändert. Eine schlauchlose Variante hätte er gern. Konstantins wichtigste Frage: "Kann ich dann auch einfach mal so ein Eis essen?" Der nächste Ambulanztermin steht in diesen Tagen an. Und eigentlich könnten wir dem Diabetesmonster sogar ein wenig dankbar sein, dass es gerade jetzt Sperenzchen macht. Wäre nämlich alles tutti, gäbe es keinen Grund, an der Therapie zu rütteln.

Gleichmütig zieht die Kassiererin meine Einkäufe über ihren Scanner. Ab und zu blickt sie verstohlen zu mir auf. Sie versucht mich tatsächlich zu analysieren! Guckt sie mir jetzt auf den Bauch? Ernsthaft? Eis und saure Gurken … Ich beiße mir auf die Zunge. Soll sie ruhig rätseln. Auf die Kategorie Kundin, zu der ich gehöre, kommt sie sowieso nie im Leben: liebevolle Mutter!

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