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Na klar, wenn US-Schauspielerin Gwyneth Paltrow und Fußballstar Erling Haaland das machen, müssen alle anderen früher oder später nachziehen: Das sogenannte Mouth Taping (Deutsch: Mund zukleben) ist seit einiger Zeit ein Trend in sozialen Netzwerken.

Was soll das Mouth Taping bringen?

Man klebt sich nachts den Mund zu – ob mit Pflastern, speziellem Tape oder einem Klebeband, das ultradicke Lippen simuliert. Das Ziel ist immer das gleiche: Die Atmung soll ausschließlich durch die Nase erfolgen. Besserer Schlaf, mehr Energie, weniger Schnarchen, keine schlaffen Gesichtspartien mehr, keine Erschöpfung, kein Mundgeruch, kein Brain Fog (Konzentrationsprobleme) und weniger Zahn- und Kieferprobleme – die Liste der positiven Folgen scheint unendlich. Das Altern aufhalten soll die vermeintliche Wundertechnik auch noch.

Was ist der Vorteil der Nasenatmung?

Eins vorweg: tatsächlich hat die Atmung durch die Nase gesundheitliche Vorteile. „Die Nase befeuchtet die Luft, wärmt und filtert sie“, sagt Prof. Dr. Wolfram Windisch, Chefarzt der Lungenklinik der Stadt Köln und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin gegenüber der Apotheken Umschau. Das beugt Infekten vor.

Heike Höfler, die seit Jahrzehnten Atemgymnastik-Kurse anbietet und auch einen Ratgeber zum Atmen verfasst hat, bestätigt ebenfalls: „Die Nasenatmung ist klar der Mundatmung vorzuziehen, sie fordert die Atemmuskeln mehr.“

Atmen – kurz und bündig

Atmen funktioniert im Grunde von allein. Etwa 12- bis 20-mal pro Minute atmen wir, ohne dass wir uns darüber Gedanken machen. Unser Atemzentrum im Hirnstamm steuert das.

Gibt es Studien zum Mouth Taping?

Lediglich eine kleine Studie mit gerade einmal 20 Patientinnen und Patienten, die an einer obstruktiven Schlafapnoe litten, fand 2022 heraus, dass das nächtliche Klebeband bei immerhin der Hälfte der Probandinnen und Probanden das Schnarchen um die Hälfte reduzierte.

James Nestor, Autor des Buches „Breath. Atmen“, wird von der New York Times zum Mouth Taping zitiert: „Es gibt keine Evidenz, dass man schöner wird oder klarere Haut bekäme.“ Das Ziel des Abklebens liege auch weniger darin, den Mund zu versiegeln, als „die Muskeln daran zu erinnern, sich zu entspannen“.

Ist Mouth Taping gefährlich?

Ersticken wird man am Mouth Taping nicht, weil man vorher durch den natürlichen Schutzreflex des Körpers geweckt würde. Gesünder aber wird man durch den zugeklebten Mund auch nicht.

In jedem Fall sollte das Mund-Zukleben niemals ohne vorherige Abstimmung mit einem Facharzt oder einer Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenmedizin ausprobiert werden. Gerade Menschen, die bereits im Wachzustand Probleme mit der Nasenatmung bekommen, die etwa krumme Nasenscheidewände, Allergien oder eine chronisch verstopfte Nase haben, sollten nicht auf eigene Faust loskleben.

Was empfehlen Experten?

„Bewusstes Durch-die-Nase-Atmen“, so die Experten Windisch und Höfler, sei immer eine gute Übung. Die kann man aber jederzeit und überall machen. Niemand muss seinen kostbaren Schlaf dem Experiment opfern.

Die beiden Experten raten außerdem zu einer längeren Ausatmung – im Vergleich zum Einatmen: „Viele Menschen holen zu oberflächlich Luft, zu kurz und zu schnell“, sagt Heike Höfler. Je vollständiger wir verbrauchte Luft ausatmen, umso mehr frischer Sauerstoff kann nachströmen. Längeres Ausatmen vermittelt dem vegetativen Nervensystem, dass alles in Ordnung ist. Das entlastet auch das Herz und senkt den Blutdruck.

Letzter Tipp: Das Atmen in den Bauch üben. Die Bauchatmung erweitert das Atemvolumen und kann über das vegetative Nervensystem zu mehr Entspannung führen. Ohne die Bauchatmung, so Heike Höfler, werden bestimmte Bereiche der Lunge nicht mehr richtig belüftet.


Quellen: